Die Wirkung des globalen Geld-Experimentes 2008-2018 auf Immobilienpreise, Renditen, Renten…
Eine im 2008 von der realen Wirtschaft abgekoppelte Finanzindus-trie erzeugte in den letzten 10 Jahren eine gigantische Geld-schwemme. Entstanden ist ein Geld-Experiment mit ungewissem Ausgang. Null- und Minuszinsen bringen die Altersvorsorge in Notstand, schädigen sie nachhaltig. Immobilienpreise explodieren und bringen Renditen zum schmelzen. Es wird weiter Wohnraum geplant und gebaut, was das Zeug hält. Und niemand scheint die ungemütliche Lage entschärfen zu können. Parallelisiert scheinen Akteure auf allen Seiten auf überraschende Ereignisse - Black Swans - zu warten.
Das globale Finanzsystem in der finalen Phase ?
Seit dem Zusammenbruch der globalen Finanzmärkte im 2008 halten die Zentralbanken, vorab die EZB, das Finanz- und Bankensystem mit gigantischen Geldinjektionen und extrem tiefen, respektive Null- und Negativzinsen am Leben. Mit einer gewaltigen Geldschwemme wurden in diesem Zeitraum Megablasen an den Finanzmärkten, überhitzte Immobilienmärkte und die grösste Verschuldung der Staatengemeinschaft, der Unternehmen und der Privathaushalte aller Zeiten erzeugt. Nun sind Bestrebungen im Gange, diese hochexplosive Lage mit einer Reduktion der Geldinjektionen und der Anhebung der Zinsen zu entschärfen. Diese vor Monaten eingeläutete geldpolitische Trendwende birgt allerdings enorme Risiken. Halten die Zentralbanken an dieser Trendwende auch im 2019 fest, muss es zu grossen Verwerfungen kommen. Jedenfalls rücken Crash-Szenarien mit den unübersehbaren Turbulenzen an den Anleihen- und Aktienmärkten der letzten Monate näher. Es ist damit zu rechnen, dass der Kollaps des globalen Finanzsystems letztlich nicht mehr verhindert, aber der bereits eingesetzte Crash-Modus mit weiteren Manipulationen noch eine Weile verlängert werden kann. Welche wirtschaftlichen und politischen Beben der Zusammenbruch dieses Geld-Experimentes global und insbesondere für die EU und die Schweiz auslösen wird, ist nicht abschätzbar. Es sind keine vergleichbaren Experimente in der Geschichte der Menschheit bekannt. Black Swans kreisen. Gut möglich, dass eine vorangestellte Klärung der geopolitischen Machtfrage China vs USA den Kollaps dieses Geld-Experimentes nur noch als Kollateralschaden erscheinen lässt.
Verhalten optimistische Stimmungslage in der Schweiz und im Kern-Europa Das oben skizzierte Finanz- und Bankensystem und die immer stärker einsetzende Wirkung der Globalisierung haben sich bisher im Kern-Europa konjunkturell kaum negativ bemerkbar gemacht. Da und dort wird von einer drohenden Abkühlung der Weltwirtschaft und von Risiken aus Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China gesprochen. Abgesehen von der Bewegung „Gilet-Jaune“ in Frankreich, verhält sich die Bevölkerung in Europa, von den Entwicklungen unbeeindruckt, ruhig. Der Brexit wird von den Mitgliedstaaten der EU zwar bedauert, aber nonchalant primär als Problem von Grossbritanien verstanden. Rezessionsängste bzw. Ängste um Arbeitsplätze sind trotz der Personenfreizügigkeit mit der EU in der Schweiz noch kaum zu vernehmen.
Und geht es nach den Befürwortern des geplanten „Rahmenabkommens EU-Schweiz“ soll und wird dieses die wirtschaftliche Prosperität und damit Einkommen und Arbeitsplätze sichern. Wie viele Arbeitsplätze die digitale Revolution schafft oder vernichtet wird eher als Angelegenheit der Zukunft wahrgenommen. In den publizierten Sorgenbarometer stehen derzeit „Altersvorsorge“ und „Altersarmut“ für die Bevölkerung in der Schweiz an erster Stelle. Damit liegt die kollektive Einschätzung bezüglich der prekären Situation um die Altersvorsorge richtig. Gegenüber Minuszinsen, also einer „Steuer auf Ersparnissen“ und einer inflationär getriebenen Preisentwicklung mit sinkenden Renditen für Immobilieninvestments im Wohnungsmarkt als bedeutende Anlagekategorie, herrscht seit Jahren ziemliche Ratlosigkeit. Die prognostizierten Renten der Vorsorgeeinrichtungen sind u.a. deswegen seit geraumer Zeit nicht nur ins Wanken geraten, sie müssen step by step nach unten korrigiert werden.
Selbst wenn der Zusammenbruch des Finanz- und Wirtschaftssystems als Szenario ausgeblendet wird, mit kleineren und grösseren Beben aus der skizzierten explosiven Gemengelage muss mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schon bald gerechnet werden. Solche Beben können erfahrungsgemäss rasch Negativspiralen - Inflation, höhere Steuern, stagnierende bzw. sinkende Erwerbseinkommen, weiter sinkende Rentenprognosen etc. - in Gang setzen. Breite Bevölkerungsschichten werden davon betroffen sein.
Entgleisung von Immobilienpreisen, Renditen und Renten
Das globale Geld-Experiment ist Wesentliche Ursache eines seit Jahren anhaltenden Hype um Renditeliegen-schaften im Wohnsektor mit toxischen Nebenwirkungen. Die Nachfrage nach Mehrfamilienhäuser übersteigt das Angebot massiv. Weil das Angebot an Bestandesimmobilien an guten Lagen weitgehend ausgetrocknet ist, wird auf Investments in Wohnbauprojekte ausgewichen. Dies trotz erheblicher zusätzlicher Risiken aus der Projektentwicklung und -realisierung sowie aktuell rd. 80‘000 Wohnungen im Leerstand. Der Kapitalstock der beruflichen Vorsorge (BVG) wird in den nächsten Jahren weiter stark wachsen. Wenn davon ausgegangen wird, dass die Anlagequote für Immobilien mangels alternativer Anlagemöglichkeiten noch angehoben wird, stellt sich die Frage, wo dieses Anlagevolumen herkommen soll. Bis auf weiteres dürfte somit geplant und gebaut werden, was das Zeug hält. Im ungünstigsten Fall wird Leerstand zu übersetzten Kosten für die Anleger, mit hohen Gewinnen für die Anbieter von Immobilienanlagen produziert.
Jedenfalls stehen Vorsorgegelder verschiedener Pensionskassen preistreibend in Konkurrenz zueinander und in Konkurrenz zum Privatanleger, also seiner Vorsorgeersparnissen. In Kauf genommen werden damit heftige und riskante Preissteigerungen bei sinkenden Renditen, insbesondere in Gross- und Mittelstädten und deren Agglomerationen. Die bezahlten Transaktionspreise übertreffen schon heute die nachhaltigen Immobilienwerte teilweise exorbitant. Im Raum Zürich und Genf beispielsweise werden Mehrfamilienhäuser an guten Lagen unter 3% Rendite gehandelt. Ob eine solche Verzinsung des real investierten Kapitals ausreicht, nur schon um den eigenen Wertverzehr zu neutralisieren, bleibt mehr als fraglich. Ebenso zweifelhaft bleibt die Mietertragsentwicklung und damit die Performance von Immobilienanlagen, weil sie sich nicht völlig von der Einkommensentwicklung der privaten Haushalte abkoppeln lässt.
Im 2008 hat sich das Schuldgeldsystem von der realen Wirtschaft völlig abgelöst und damit elementare volkswirtschaftliche Regeln ausser Kraft gesetzt. Die für die Bewertung von Immobilien massgebende volkswirtschaftliche Kapitalrendite kann sich deshalb nicht mehr am geltenden Zins für Geld orientieren. Tut sie es trotzdem, werden Bewertungsgrundsatz und Regeln der Finanzmathematik verletzt. Denn, wenn mit aktuellen Zinskosten gerechnet wird, entsteht kein Wert, sondern ein unter den gegebenen Fremdkapitalkosten und der gewünschten Eigenkapitalverzinsung gewünschter Preis. Mit der Festlegung der gewünschten Verzinsung von Eigenkapital lassen sich «Werte» rechnerisch beliebig nachweisen. Wenn so bewertet wird, muss konsequenterweise darauf hingewiesen werden, dass eben ein für «richtig erachteter Preis» und nicht der Wert bestimmt wird, den die Immobilie zu generieren in der Lage ist.
Neuer Kompass tut Not
Das Anlagemanagement von Vorsorgeeinrichtungen steht vor schier unlösbaren Aufgaben. Noch eine ganze Weile dürfte das so bleiben. Das heisst, das Anlagemanagement muss im Rahmen des gegebenen engen Spielraums bestmöglich agieren. Noch nie in den letzten Jahrzehnten war die Beurteilung von Immobilieninvestments anspruchsvoller als heute und in naher Zukunft. Die Gefahr von Fehlinvestitionen nimmt zu. Gut möglich, dass zeitlich begrenzt parkiertes Geld mit Nullzins im Vergleich mit Immobilieninvestments bei richtiger Rechnung nicht apriori uninteressant sein muss. Dass als Folgen des manipulierten Finanzsystems Vorsorgegelder verschiedener Vorsorgeeinrichtungen die Preise für Immobilien gegenseitig hochtreiben und Anbietern von Immobilienanlagen unverhältnismässig hohe Gewinne bescheren hat mit Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Aussergewöhnliche Verhältnisse rechtfertigen aussergewöhnliche Massnahmen. Für derartige Investments müssen rote Linien gezogen werden. Es braucht für die Anlage von Vorsorgegelder in Immobilien einen neuen Kompass.